Ausgeliefert! by Tilman Janus

Autor:Tilman Janus
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783959850520
Herausgeber: Bruno Gmünder GmbH, Berlin

Knastbrüder

Dinos Prozess wurde wegen des einwandfreien Alibis von dem Verfahren gegen die übrige Gang abgetrennt, denn außer Adrian hatten sich noch zwei weitere Zeugen gefunden, die aussagewillig waren. Dr. Lothar erwirkte eine Straffung des ganzen Vorgangs, und Dino musste deshalb nicht übermäßig lange in der Untersuchungshaft sitzen.

Selbstverständlich war ich bei der Verhandlung Ende August dabei. Sie fand genau zu Dinos zwanzigstem Geburtstag statt. Dino blieb ziemlich wortkarg und ließ den Anwalt reden. Ich merkte ihm die Erleichterung an, dass die 'Penner von der Gang' nicht im selben Saal saßen. Das Beste, was der Anwalt erreicht hatte, war die Entscheidung, dass Dino noch nach dem Jugendstrafrecht behandelt wurde. Für Einbruch und Diebstahl erhielt er milde sieben Monate Haft, auch weil er geständig war und trotz seiner Einsilbigkeit den Eindruck erweckte, dass er sich bessern wollte. Natürlich wurde die Untersuchungshaft angerechnet.

Später erfuhr ich, dass der Staatsanwalt Orca wegen Totschlags angeklagt hatte. Ich bekam Schüttelfrost bei dem Gedanken an diesen eiskalten Typen aus der Gang.

Umso glücklicher war ich, dass für Dino alles einigermaßen gut ausgegangen war. Und doch blickte ich mit Grausen auf diese lange Zeit bis Ende Januar. Die lange Zeit ohne Dino. Wie würde er dann sein? War es nicht so, dass die Menschen im Knast erst so richtig kriminell wurden? Oder drogenabhängig?

Bisher hatte Dino allen Rauschgiften widerstanden. Er hatte zum Glück immer einen natürlichen Widerwillen gegen dieses Zeug gehabt und rauchte nicht einmal normale Zigaretten. Wie würde das im nächsten Januar sein?

Zweimal im Monat durfte er je eine halbe Stunde Besuch erhalten. Ich dachte an diesen sterilen Besuchsraum mit den grimmigen Aufsehern. Da mussten wir nun durch! Die schreckliche Lotte hatte sich zum Glück in Luft aufgelöst, sie tauchte nie wieder auf. Vermutlich hatte sie Angst, auch einen Prozess an den Hals zu bekommen. Ich war also der einzige Mensch, der Dino wirklich nahestand. Er wusste es, und ich wusste, dass er es wusste, obwohl wir nie darüber gesprochen hatten.

Es war im September, nicht sehr lange nach seiner Gerichtsverhandlung. Das Wetter zeigte sich noch von seiner sommerlichen Seite. Ich hatte einen Besuchstermin am Nachmittag bekommen. Sonst hatte ich es mir vor den Besuchen in der JVA immer noch ausgiebig selber gemacht, um meine Geilheit nach Dino in Zaum zu halten, doch an diesem Septembertag war ich nicht dazu gekommen. Schon als ein Aufseher mich nach Waffen und Drogen abtastete, begann mein Schwanz zu wachsen. In der Zeit der schlimmen Anspannung hatte ich mich mit Wichsen sexuell über Wasser gehalten. Doch nun, nachdem alles geregelt war, brach meine Sehnsucht nach Dino voll durch. Als ich mich in den Besuchsraum setzte, hatte ich einen ziemlichen Ständer in der Hose.

Auf einmal ging das Licht aus. Da der Raum keine Fenster hatte, war es stockfinster. Die Aufsichtsbeamten rannten hin und her, Taschenlampen blitzten auf. Ich hörte das Wort Stromausfall. Ausgerechnet dann, wenn ich meinen seltenen, kostbaren Besuchstermin hatte!

Jemand zog mich am Arm. Ein Aufseher brachte mich durch die schummerigen Gänge in den Gefängnishof. Als wir in die Sonne hinauskamen, blinzelte ich geblendet. Dann erkannte ich einen relativ jungen Beamten, hellblond, schlank.

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